Nonverbal Lügen erkennen – Abschlussarbeit

Lügen: Das spannende Körpersprache-Thema

2017 wurde ich zum Thema «Körpersprache und Lügen erkennen» interviewt.
Die daraus entstandene Abschlussarbeit ist ein wunderbarer Überblick über

  • Lügen
  • Gestik
  • Mikroexpressionen und Grundemotionen
  • Joe Navarros und Paul Ekmans Wissen über mögliche Körpersprache-Interpretationen
  • Lügendetektor und Befragungstechniken

Vielen Dank an Carmen Bütler, Evelyn Koch und Yasmin Roth für die Erlaubnis, den massgeblichen Inhaltsteil ihrer Arbeit «Lügen- Durch intensives Auseinandersetzen mit dem Thema Lügen können diese erkannt werden» in diesem Blog zu veröffentlichen!
Los geht’s:

1. Abstract

Wo Menschen zusammenleben, kommt es oft zu Lügen. Denn wer hat diese Woche oder sogar heute noch nicht gelogen? Unsere Hypothese „Durch ein intensives Auseinandersetzen mit dem Thema Lügen, können diese erkannt werden“, wollten wir mit Hilfe von den drei Fragestellungen „Welche Gestik und Mimik kann jemanden während dem Lügen verraten? Welche technischen Hilfsmittel helfen beim Erkennen von Lügen? Kann mit strukturiertem Vorgehen und gezieltem Aneignen von Wissen eine Lüge aufgedeckt werden?“ überprüfen.

Unser Ergebnis basiert auf der Recherche in Büchern und im Internet, drei Interviews und der Durchführung eines Experimentes. Zuerst haben wir den ersten Teil des Experiments durchgeführt und danach begonnen, uns Fachwissen anzueignen. Als wichtigstes ist zu wissen, was wir für unsere Arbeit als Lüge definieren. Eine Lüge ist etwas bewusst Ausgesprochenes, mit dem man den anderen täuschen oder die Realität abändern will. Anzeichen für Lügen findet man sowohl in der Mimik als auch in der Gestik, doch sie sind sehr individuell. Die Mimik wird auf sieben Grundemotionen beschränkt, die alle Menschen haben. Dazu kommen noch die Mikroexpressionen, welche unsere wahren Gefühle verraten, denn sie sind zu schnell, um sie willentlich zu steuern. Die Gestik wird in vier Kategorien unterteilt, welche ebenfalls willentlich und unwillentlich dazu beitragen, dass eine Lüge aufgedeckt werden kann. Es gibt zwar keine eindeutigen Mimen oder Gesten, die eine Lüge aufdecken, aber es gibt Hinweise für Lügen. Dazu zählen zum Beispiel asymmetrische Bewegungen oder die Mikroexpressionen. Das bekannteste technische Hilfsmittel ist der Lügendetektor, doch da dieser nur die Aufregung misst und nicht die effektive Lüge, ist er in der Schweiz vor Gericht nicht zugelassen. FACS soll ebenfalls bei der Lügenerkennung helfen. Dies ist ein Klassifizierungssystem, welches helfen soll, Gesichtsausdrücke zuzuordnen. Die Reid-Methode ist eine Befragungstechnik, bei welcher man auf bestimmte Art und Weise fragt. Doch auch diese ist umstritten, denn der Beschuldigte steht unter enormem Druck.

Unsere Interviewpartner waren oftmals verschiedener Meinung zu unserer Hypothese. Durch unser Experiment stellten wir fest, dass wir unsere Hypothese, für uns als falsch einstufen müssen, denn wie eine Interviewpartnerin es sagte, sei es Glück, ob man eine Lüge erkennt oder nicht. Die Informationen waren zu detailreich und die Zeit war zu kurz, um uns ein genügend geschultes Auge antrainieren zu können. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Hypothese nicht bewahrheitet werden könnte, wenn man mehr Zeit dafür investieren könnte, sich Fachwissen anzueignen.

2. Einleitung

Uns fasziniert die nonverbale Kommunikation unter den Menschen. Ein Blick, eine Geste kann so viel mehr aussagen, als es Worte können. Im Rahmen unserer Abschlussarbeit zum Oberthema „Actio=Reactio“ setzten wir uns vertieft mit dem Thema Lügen auseinander. Jede Lüge löst im Lügenden etwas aus. Während man lügt, reagiert der Körper unbewusst mit kleinen Signalen auf die Lüge, welche eine direkte Reaktion auf diese darstellen. Wir möchten die Welt aus einem anderen Blickwinkel sehen. Wann werden wir angelogen und wer sagt uns die Wahrheit? Im Alltag hatten wir schon so manches Gespräch, bei dem wir uns im Nachhinein fragten, ob dies möglich oder doch gelogen ist. Tagtäglich werden wir mit Lügen konfrontiert, dies kann im Gespräch, aber auch in den Medien oder der Werbung sein. Für uns wäre es folglich sehr hilfreich, wenn wir Lügen besser erkennen könnten. Ein weiterer Faktor ist die Fernsehserie Lie to me, diese weckte unser Interesse und Faszination für das Thema Lügen. Durch diese Serie wurde uns bewusst, was alles im Bereich des Gesichterlesens möglich ist. Besonders daran ist, dass ein amerikanischer Wissenschaftler namens Paul Ekman einer der führenden Köpfe der Serie ist. Um unsere Vorstellungen umzusetzen und an die nötigen Informationen zu gelangen, bedienen wir uns verschiedenster Quellen im Bereich Psychologie und nonverbale Kommunikation. Zum einen benutzen wir Bücher, deren Wahl sich als schwierig herausstellt, da es viel spannende Literatur zu diesem Thema gibt.

Zum anderen werden wir drei Interviews mit Personen durchführen, die verschiedenen Sichtweisen vertreten. Durch das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Meinungen haben wir ein grosses Spektrum an Informationen zu verarbeiten. Angefangen bei Autoren, die sehr überzeugt über unser Thema schreiben, bis zu jenen, die eher skeptisch zu unserer Hypothese stehen. Diese lautet: „Durch ein intensives Auseinandersetzen mit dem Thema Lügen können diese erkannt werden“.

Das Ziel unserer Arbeit ist, verschiedene Ansichten zusammenzutragen und herauszufinden, ob wir mit Hilfe unserer Fragestellungen unsere Hypothese eindeutig belegen oder wiederlegen können. Vorwiegend beschäftigen wir uns mit der Materie Mimik und Gestik, denn die nonverbale Kommunikation ist in unseren Augen einer der interessantesten Aspekte der Lügenerkennung. Zudem befassen wir uns damit, welche Hilfsmittel ausser dem bekannten Lügendetektor noch verwendet werden. Insbesondere wollen wir unsere eigenen Erfahrungen mithilfe eines Experimentes sammeln und damit festhalten, ob es möglich ist, anhand von Fachwissen Lügen zu erkennen. Ausserdem wollen wir unsere Wahrnehmung gegenüber Gesprächspartnern verbessern, so dass wir Lügen erkennen und im Alltag unsere gewonnenen Eindrücke anwenden können.

 

3.Theorieteil

3.1 Definition einer Lüge

Die Definition einer Lüge laut Paul Ekman, einer der einflussreichsten Psychologen des 20. Jahrhunderts im Bereich der nonverbalen Kommunikation, lautet: „Lügen ist eine bewusste Entscheidung, eine Zielperson in die Irre zu führen, ohne diese Absicht im Voraus kundzutun“.  (Ekman, 2016, S. 38, 56)

Lügen werden generell unterschieden, es gibt unzählige Arten, wie eine Lüge definiert ist. Bei Höflichkeitslügen, werden Lügen geschaffen, um eine zwischenmenschliche Basis aufzubauen. Man macht den Anschein, dieselben Interessen und Meinungen zu haben (Meyer, 2011, S. 26,55). Ausserdem benutzen wir oft Notlügen, die beispielsweise eine Verlegenheit überspielen. Zudem spricht man häufig von Täuschungen. Solche existieren sogar in der Tierwelt: Es gibt Vögel, die eine Verletzung vortäuschen, damit Fressfeinde von ihren Nestern weggelockt werden. Dieses Phänomen macht den Anschein, dass Lügen zu unserer Natur gehören. Wissenschaftler bestätigen tatsächlich, dass Lügen zu den Eckpfeilern des menschlichen Soziallebens zählen. (Meyer, 2011, S. 11) Allgemein kann man sagen, dass eine Lüge eine falsche Behauptung beinhaltet oder einen falschen Eindruck vermitteln soll. Zudem muss eine Lüge an einen Empfänger gerichtet sein, ansonsten handelt es sich um eine Selbsttäuschung. Eine Lüge hat immer eine Absicht dahinter, anderenfalls spricht man von einem ehrlichen Fehler. (Meyer, 2011, S. 58-62)

Grundsätzlich gibt es aber zwei Hauptformen von Lügen: Verheimlichung und Verfälschung. Bei einer Verheimlichung werden bewusst gewisse Informationen verschwiegen. Verfälschung hingegen ist, wenn man Informationen erfindet. (Ekman, 2016, S. 38, 56)

3.2 Unsere Definition von einer Lüge

Wie wir bereits erwähnt haben, gibt es Unterschiede, inwiefern etwas als Lüge angesehen wird. In unserer Arbeit geht es primär um Lügen, die jemand bewusst ausspricht. Der Lügner will bewusst jemanden hinters Licht führen. Das kann auf unterschiedliche Weisen passieren. Wir befassen uns somit nur mit der Verfälschung und der Verheimlichung. In unserem Fall soll die Lüge nicht als etwas Positives dargestellt werden, eine Lüge hat somit einen negativen Aspekt. Die Realität wird verändert oder neu erfunden. Notlügen, Alltagslügen und Höflichkeitslügen zählen wir nicht direkt zu unserer Definition, denn der Hintergrund dieser Lügen besteht nicht darin, dass man jemanden bewusst täuschen will. Lügen haben wortwörtlich verschiedene Gesichter und deshalb ist es schwierig, klare Grenzen zu setzten.

 

3.3 Körpersprache und Gestik

Früher wurde angenommen, dass die Körpersprache keine Gefühle oder Informationen der Persönlichkeit widerspiegelt. Wissenschaftler wie Paul Ekman, die sich weiterhin mit diesem Thema beschäftigten und sich dafür interessierten, wurden als naiv beschrieben. (Ekman, 2016, S. 130) Paul Ekman forschte auf eigene Faust weiter und führte seine selbst ausgedachten Experimente während seines Studiums durch. Er fand Beweise, dass Menschen, die zum Beispiel unter grossem Druck oder Stress stehen, unbewusste oder bewusste, für das Gegenüber verdeckte Körperbewegungen machen. (Ekman, 2016, S. 131-133)

Diese Körperbewegungen werden in Embleme, Illustratoren, Manipulatoren und Spiegelung eingeteilt. Im Folgenden Teil beziehen wir uns vor allem auf die Bücher: Wie man jede Lüge erkennt» von Pamela Meyer und «Ich weiss, dass du lügst von Paul Ekman. (Meyer, 2011) (Ekman, 2016)

3.3.1 Embleme

Embleme haben das Ziel eine eindeutige Botschaft zu übermitteln. Um diese richtig zu interpretieren, müssen genau definierte Bewegungen gezeigt werden. Sie sind konkret genug, um Worte und Formulierungen komplett zu ersetzen, weil sie jeder versteht und weiss, was man damit ausdrücken will. Bekannte und von jedem Menschen willentlich eingesetzte Embleme wären beispielsweise das Kopfnicken für Ja, das Kopfschütteln für Nein oder das Hallo- / Auf Wiedersehen- Winken. (Ekman, 2016, S. 134, 137, 143) (Meyer, 2011, S. 107-110)

3.3.2 Illustratoren

Illustratoren sind die Körperbewegungen, welche dafür genutzt werden, um das Erzählte zu verdeutlichen, so dass es stimmig wirkt. Sie helfen, wenn man etwas schwer in Worte fassen kann. Ohne Gesprochenes können aber die meisten Illustratoren nicht verstanden werden. Sie können nicht wie Embleme Worte ersetzen. Im Vergleich zu den Emblemen, unterscheiden sich die Illustratoren zwischen verschiedenen Kulturen und sogar von Mensch zu Mensch. Die meisten Illustratoren werden mit den Händen gezeigt.

Durch Wut, Erschrockenheit, oder Begeisterung werden die Körperbewegungen ausfallender. Wenn man jedoch desinteressiert, unbeteiligt, gelangweilt, tieftraurig, unentschieden ist, unter Stress steht oder beim Sprechen Vorsicht geboten ist, zeigen Menschen weniger Illustratoren. (Ekman, 2016, S. 138-140, 143) (Meyer, 2011, S. 110)

3.3.3 Manipulatoren

Manipulatoren umfassen all jene Bewegungen, bei denen ein Körperteil einen anderen Körperteil pflegt, massiert, reibt, hält, kneift, zupft oder kratzt.  Der Zeitraum in dem Menschen diese Körperbewegungen zeigen, variiert von einigen Sekunden bis hin zu einigen Minuten. Die meisten Manipulatoren laufen ganz unbewusst ab, man merkt gar nicht, dass man sie macht und den meisten gelingt es nicht, sie zu unterdrücken. Es gibt welche, die einen Zweck haben, beispielsweise wenn man sich kratzt. Es gibt aber auch überflüssige Manipulatoren, wie Haarsträhnen aufdrehen. (Ekman, 2016, S. 144,145)

3.3.4 Spiegelung

Eine Spiegelung entsteht, wenn sich die Gesprächspartner in der Anwesenheit des anderen wohlfühlen. Man signalisiert dem Gegenüber Akzeptanz und Verständnis.  Es kann passieren, dass die Körpersprache gespiegelt wird, ähnliche Gesten verwendet werden und die Haltung übernommen wird. Eine Spiegelung erfolgt meist nach 10 bis 20 Sekunden und wirkt somit auch natürlich.  (Meyer, 2011, S. 111-112)

3.4 Mimik und Mikroexpressionen

3.4.1 Mimik

Unter Mimik versteht man eine Bewegung, die sich auf dem Gesicht abspielt. Man erkennt diese an verschiedenen Merkmalen wie die Stirn runzeln, die Nase rümpfen oder die Augen rollen. Viele Wissenschaftler haben bereits an Gesichtsausdrücken geforscht, einer der ersten war Charles Darwin. Er vermutete, dass alle Menschen die gleichen Grundemotionen auf dieselbe Weise ausdrücken. Bereits 1872 veröffentlichte Darwin ein Buch, worin er beschrieb, wie sich die Ausdrucksformen des Gesichts bei allen Menschen auf dieselbe Art und Weise zeigen. (Meyer, 2011, S. 71-75) Ein weiterer Wissenschaftler, der im Laufe der 1965er die grösste Aufmerksamkeit auf sich zog, war Paul Ekman. Er beschäftigte sich mit der menschlichen Mimik. Seine Vermutungen waren, dass die Mimik des Menschen biologisch bedingt sei und nicht kulturell bestimmt. Jedoch machte er bald die Feststellung, dass sich der kulturelle Einfluss durchaus auf unsere Gesichtsregungen auswirkt.

Der Mensch besitzt laut Ekman jedoch sieben Grundemotionen, die alle Menschen dieser Welt auf dieselbe Weise ausdrücken. Dazu gehören Angst, Traurigkeit, Abscheu, Freude, Verachtung, Überraschung und Wut. Seine Forschung über einen Eingeborenenstamm in Neuguinea bestätigten seine Vermutungen und ergaben die Erkenntnisse, dass man die sieben Grundemotionen bei allen Menschen eindeutig identifizieren kann. (Meyer, 2011, S. 75-77) Nicht alle Gesichtsausdrücke sind verbindlich mit Emotionen. Genau wie bei Illustratoren, gibt es hier Konversationssignale, die das Gesprochene unterstreichen. Embleme gibt es auch im Gesicht, beispielsweise hochgezogenen Augenbrauen oder Zwinkern. Auf die Lippe beissen oder an ihnen saugen sind Beispiele für Gesichtsmanipulatoren.

(Ekman, 2016, S. 167)

3.4.2 Grundemotionen

Im Weiteren werden wir genauer auf die einzelnen Emotionen in Bezug auf die Mimik eingehen, die während den Grundemotionen gezeigt werden. Wir beziehen uns dabei auf Meyer und Standop. (Meyer, 2011, S. 78-82) (Standop, 2014, S. 96-109).

Angst
Wenn wir Angst empfinden, heben sich die Augenbrauen, dadurch ziehen wir unsere Augenlieder automatisch nach oben und unsere Augen wirken grösser. Durch das Öffnen des Kiefers werden die Mundwinkel auseinandergezogen und gleichzeitig wird das Kinn angezogen.

Traurigkeit
Trauer zeigt sich in dem die Mundwinkel nach unten fallen und die Wangen sich heben. Die Wangen werden sozusagen an die Augen gezogen und man könnte es annähernd mit einem Blinzeln vergleichen.

Abscheu und Ekel
Auf unserem Gesicht spiegelt sich Abscheu wieder, in dem wir die Wangen und Oberlippen anheben. Dadurch verengen sich die Augen. Zudem rümpfen wir die Nase. Der Mund bleibt mehr oder weniger unverändert, in manchen Fällen sind die Zähne erkennbar.

Freude
Die Augenlieder verengen sich, es entstehen Lachfältchen. Ebenfalls gehen die Mundwinkel nach oben. Diese beiden Abläufe laufen automatisch zur selben Zeit ab. Bei einem ehrlichen Lachen sieht man vielmals die oberen Schneidezähne.

Verachtung
Im Gegensatz zu den anderen Ausdrucksweisen, können wir bei Verachtung eine Asymmetrie feststellen. Der eine Mundwinkel wird nach oben und hinten gezogen, der andere bleibt an Ort und Stelle. Die Augen verengen sich, teilweise wird zudem das Kinn angehoben.

Überraschung
Wenn jemand überrascht ist, hebt er als erstes seine Augenbrauen und unsere Augen weiten sich. Der Mund öffnet sich, jedoch viel stärker als wenn wir Angst hätten. Überraschung zeigt sich auf unserem Gesicht nur relativ kurz und wird schnell durch ein anderes Gefühl ersetzt.

Wut
Wut erkennt man an den gesenkten Augenbrauen und den nach oben gezogenen Oberlidern, die Unterlider werden dabei gestraft. Zudem pressen wir die Lippen zusammen und ziehen diese manchmal nach innen. Ebenfalls ziehen wir die Mundwinkel meist nach unten.

3.4.3 Mikroexpressionen

Fachmännisch gesehen spricht man vom Englischen Ausdruck „micro expressions“, dieser wird auch in unseren Fachbüchern gebraucht. Paul Ekman hat den Begriff der mikro Gesichtsausdrücke geprägt und definiert diese als unfreiwillige Gesichtsregungen, die innerhalb einer Viertelsekunde auftauchen. (Meyer 2011, S. 88-89)

 

3.5 Anzeichen für eine Lüge

Häufig werden Anzeichen für Lügen gezeigt, wenn man Emotionen unterdrücken will. Beim Lügen werden die eigentlichen Gedanken und Gefühle preisgegeben, weil unser Gehirn diese nicht vollständig kontrollieren kann. Unter Druck und Stress werden die wahren Emotionen verfälscht. Wichtig ist, dass es keine Gesten und Mimen gibt, die eine Lüge eindeutig beweisen.  (Navarro 2016, S. 14-15)

 

3.5.1 Lügenerkennungen anhand von Mimen und Gesten

Im Folgenden Abschnitt werden wir verdeutlichen, wie Mimen und Gesten sich während des Lügens zeigen.

Asymmetrische Bewegungen
Wenn in Mimik und Gestik asymmetrische Regungen ablaufen, könnte sich dahinter eine Lüge verstecken. Ausdrucksformen wie ein Lächeln, Schulterzucken oder ein finsterer Blick, die nur auf einer Gesichts- oder Körperhälfte zu sehen sind, zeigen meist, dass die Person ihre wahren Empfindungen verheimlichen will. Natürliche Gesichtsregungen oder Gesten laufen normalerweise zeitgleich auf beiden Gesichtshälften ab.  (Meyer, 2011, S. 94)

Embleme
Menschen können bei Emblemen Ausrutscher unterlaufen, dadurch können Lügner entlarvt werden. Es gibt zwei Hinweise, die zeigen können, dass ein Ausrutscher vorliegt. Eine Möglichkeit ist, wenn ein Emblem nur in Bruchteilen ausgeführt wird.

Ein zweiter Hinweis für ein Leckemblem wäre, dass es ausserhalb der Darstellungsposition gezeigt wird. Das bedeutet, dass das Emblem für das Gegenüber nicht wahrnehmbar ist. Das Ganze geschieht unbewusst, denn wenn die Person realisieren würde, dass sie ein Emblem zeigt, würde sie es unterdrücken. (Ekman, 2016, S. 134-138)

Illustratoren
Hinter wenig gezeigten Illustratoren können Lügner stecken. Wenn zum Beispiel, Gefühle wie Wut, Abscheu und Angst verborgen werden und gleichzeitig einen erfundenen Text vorgetragen werden muss, gehen Illustratoren oft vergessen. Um nicht falsche Anschuldigen auszusprechen, muss man wissen, wie oft und welche bestimmten Körperbewegungen das Gegenüber normalerweise zeigt. Somit kann man in einem Gespräch vergleichen, wie sich die gezeigten Illustratoren verändern. (Ekman, 2016, S. 138, 140-144)

Manipulatoren
Menschen, die viele Manipulatoren benutzen, werden von Laien oft als unehrlich beurteilt. Dies zu Unrecht, denn Manipulatoren und deren Häufigkeit sind unverlässliche Täuschungshinweise. Das Problem ist, dass sie für Unbehagen sowie auch für Entspannung oder Gemütlichkeit stehen können. Zudem nutzen wir Manipulatoren sehr unterschiedlich. Falls Manipulatoren mit anderen Indikatoren, die für eine Lüge sprechen, zusammen ablaufen, kann dies ein Hinweis auf eine Lüge sein.(Ekman, 2016, S. 144-150)

Spiegelungen
Lügner spiegeln das Verhalten des Gegenübers meistens nicht, es läuft sogar oft auf das Gegenteilige hinaus. Während ich mich nach vorne bewege, bewegt sich mein Gegenüber eher nach hinten, weil es mir ausweichen will. Wer kein natürliches Spiegelverhalten aufweist, ist verdächtig. (Meyer, 2011, S. 112)

3.5.2 Lügenerkennung anhand von Mimen

Im Anschluss beschreiben wir Anzeichen für eine Lüge, die nur das Gesicht betreffen.

Mikroexpressionen
Mikroexpressionen verraten unsere wahren Gefühle, sie erscheinen nur sehr kurze Zeit auf unserem Gesicht und deshalb können wir nicht kontrolliert mit ihnen umgehen.

Sie treten auf, wenn wir bewusst versuchen, Emotionen zu unterdrücken, oder wenn wir unbewusst versuchen, Emotionen zu verdrängen. Für einen erfahrenen Beobachter stellen sie Warnsignale dar.

(Ekman, PaulEkmanGroup, 2017)

Unterdrückte Reaktionen
Man spricht von einer unterdrückten Reaktion, wenn ein Lügner versucht, seine wahren Emotionen zu verbergen. Meist zeigt man bewusst einen Ausdruck, der eine andere Reaktion überdecken soll. Falls dieser Ausdruck nicht echt wirkt, kann man davon ausgehen, dass jemand lügt. Als wichtigstes Beispiel steht hier das gespielte Lächeln. (Meyer, 2011, S. 89-90)

Zuverlässige Muskelbewegungen
Es gibt in unserem Gesicht Bereiche und Muskelbewegungen, welche sich relativ leicht steuern lassen. Dazu zählen Augenbrauen, Mundwinkel und die untere Wangenpartie. Andererseits gibt es auch Muskelbewegungen, die sich schwer kontrollieren lassen, vor allem der Rundmuskel um das Auge. Dies bedeutet, wenn man ein echtes von einem gespielten Lächeln unterscheiden will, sollte man darauf achten, ob sich Lachfältchen um die Augen bilden. Ebenfalls gilt, dass nur circa 10 Prozent der Menschheit bewusst ihre Mundwinkel nach unten ziehen können, ohne dabei ihre Kinnmuskulatur ebenfalls zu bewegen. Das bedeutet, wenn sich die Kinnmuskulatur nicht bewegt, handelt es sich meist um aufrichtige Trauer. (Meyer, 2011,S. 90-91)

3.5.3 Genaue Ausführung der Körper-/Gesichtsbewegungen

Wir gehen im nächsten Abschnitt darauf ein, was uns einzelne Körperteile verraten und beziehen uns auf das Buch: Der kleine Lügendetektor, ein praktisches Handbuch, von Joe Navarro. Er ist ein Ex-FBI- Agent und Experte für Körpersprache. (Navarro 2016)

Augen und Stirn (Navarro, 2016, S. 30-40, 27)

Ausdruck  Bedeutung 
Augenbrauen hochziehen Freudige Erregung, Wiedererkennung, Entsetzten
Erweiterte Pupillen Zeigt starke Gefühle, unkontrollierbar, Erregung (Angst, Freude)
Verengte Pupillen Zeigt negative Gefühle, Gefahren besser wahrnehmen
Schiefer Blick Zweifel, Verachtung, universeller Blick
Anstarren In Gedankenversunken, Unbehagen
Blick nach unten Traurigkeit, Scham, Schuld

Lippen und Mund (Navarro, 2016, S. 44-58)

Ausdruck  Bedeutung 
In die Lippen beissen / die Lippen lecken Beruhigung, Unterdrückung von Wörtern, Stress, Wut
Volle Lippen Zufriedenheit, Wohlbehagen
Schmale Lippen Sorgen, Ängste
Lippen zusammen pressen / Lippenzittern Stress, Unbehagen, Nervosität
Mundwinkel nach unten Trauer, negative Gefühle
Zunge über die Lippen / Zähne streichen Stressbewältigung, Beruhigung
Oberlippen lecken Positive Gefühle

Wangen und Kiefer (Navarro 2016, S. 58-63)

Ausdruck  Bedeutung 
Zunge gegen die Wange drücken Innere Spannungen abbauen
Ober- und Unterkiefer aneinander reiben Beruhigung, Langeweile
Gähnen Stressabbau, Mundbefeuchten

Kinn (Navarro 2016, S. 63-67)

Ausdruck  Bedeutung 
Kinn nach vorne schieben Selbstbewusst, Arroganz
Kinn herunterfallen lassen Mangelndes Selbstbewusstsein, fühlt sich bedroht
Kinn anziehen Unsicherheit, Angst
Muskelzittern am Kinn Angst, nahe den Tränen, Nervosität
Kinn an die Schulter Indikator für eine Lüge

Hände (Navarro 2016, S. 80-96)

Ausdruck  Bedeutung 
Hände in die Hüfte, Daumen nach hinten Dominanz, Aufregung, fühlt sich bedroht
Hände in die Hüfte, Daumen nach vorne Neugier
Fingerspitzen, der gespreizten Hände zusammen bringen Von sich Überzeugt sein, Zuversicht, Souveränität
Handflächen nach oben bei einer Behauptung Indikator für Lügen
Handflächen nach unten bei einer Behauptung Sicher, Souveränität, Indikator für Wahrheit
Finger spreizen Fühlt sich stark, ist glaubwürdig
Finger eng zusammen Besorgnis, Ängste, Kummer
Ellenbogen aufstellen Selbstsicherheit, Zuversicht
Ellenbogen anziehen Nervosität, Angst
Hals streicheln Beruhigung
Finger vor dem Mund Erstaunen, einleitendes Zeichen für eine Entschuldigung
Finger über die Lippen fahren/tippen Möchte nicht darüber sprechen
Finger in den Mund stecken Hilflosigkeit, Unbehagen, Druck
Zeigefinger über den Mund halten Selbstwarnung, Beruhigung
Zeigefinder während des Sprechens über den Mund halten Falschaussage, meint Gegenteiliges
Nasereiben Beruhigung, Vorstufe von Ablehnung, Stress, Nachdenklichkeit
Augenreiben Verlegenheit, Beruhigung, „Ich will es nicht sehen“, Indikator für Lügen
Am Ohrzupfen Will gehört werden
Kratzen am Hinterkopf Zweifel, Unsicherheit
Kratzen im Gesicht Verlegenheit, Unbehagen

Beine und Füsse (Navarro 2016, S. 100-106)

Ausdruck  Bedeutung 
Beine zusammenziehen Unsicherheit
Breitbeinig stehen Zuversicht, Selbstsicher
Mit den Füssen scharren Beruhigung
Plötzlich unbewegte Füsse, Füsse zurückziehen Sorge, Unsicherheit, fühlt sich bedroht
Mit den Fussgelenken die Stuhlbeine umschlingen Unbehagen, Unsicherheit, Besorgnis
Füsse wegdrehen Unbehagen, Verschweigung, sich der Situation entziehen
Füsse eindrehen Unsicherheit, Ungläubig
Zehen weisen nach oben Positive Emotionen

3.6 Technische Hilfsmittel zur Lügenerkennung

3.6.1 Der Lügendetektor

Um Lügen noch gezielter aufdecken zu können, konstruierte Vittorio Benussi (1878-1927) den ersten Polygraphen, umgangssprachlich Lügendetektor genannt. Dieses Vorreitermodell wurde von Leonarde Keeler (1903-1949) und John Augustus Larson (1892-1965) weiterentwickelt und somit zu dem, was es heute ist. (Standop, 2014, S. 42-44)

Beim heutigen Polygraphen werden der Puls, der Blutdruck, die Atmung und die elektrische Leitfähigkeit der Haut mit Hilfe eines speziellen Programmes aufgezeichnet. Ein sogenannter Polygraphist stellt die Fragen der Testperson und wertet anschliessend die Ergebnisse aus. Je höher der Puls, der Blutdruck, je stärker der Schweissausbruch und je oberflächlicher die Atmung, desto stärker steht die Versuchsperson unter Stress. Dies kann bedeuten, dass die Person gerade gelogen hat, oder dass sie zum Beispiel sehr nervös ist. Darum werden jeweils zwei Arten von Fragen gestellt: Tatfragen und Vergleichsfragen. Dadurch erhält der Polygraphist ein Bild davon, wann die Person lügt und wann nicht. Allerdings kann man diesen Test manipulieren, daher ist er vor Gericht nicht zugelassen. Denkt die Versuchsperson bei einer Tatfrage an ein angenehmes Erlebnis, reagiert der Polygraph weniger stark, genauso wie wenn die Versuchsperson bei einer Vergleichsfrage an ein belastendes Ereignis denkt. (Galileo, 2010) Vor Gericht ist der Lügendetektor in der Schweiz nicht erlaubt, da er nicht fehlerfrei ist und manipuliert werden kann. (Schweizer Parlament, 1999)

 

3.6.2 Facial Action Coding System (FACS)

Dieses Klassifizierungssystem stammt von Paul Ekman und Wallace Friesen, welches durch Jahrzehnte lange Forschung entwickelt und 1978 veröffentlicht wurde. Es erfasst systematisch alle 43 Gesichtsmuskeln, welche dem Menschen über 10‘000 Gesichtsausdrücke ermöglicht. (Haas 2010) Dieses Klassifizierungssystem dient der Emotionserkennung und misst in zwei Grössen. Zum einen, welche Muskeln sich bewegt haben, zum anderen aber auch, wie intensiv die Muskelbewegung war. Dadurch wird die gezeigte Emotion zu einer der von Paul Ekman erstellten sieben Grundemotionen eingeordnet. (Wikipedia, 2017)

 

3.7 Methode und Befragungstechnik

3.7.1 Reid-Methode

Die Reid-Methode dient ebenfalls dem Erkennen von Lügen und wird insbesondere bei der Polizei im Verhör eingesetzt. Sie gliedert sich in drei Phasen. Die erste Phase, das Benehmensanalyse-Interview (BAI), der zweiten Phase, welche sich wieder in neun Stufen gestaltet und die dritte Phase, welche eigentlich identisch ist mit der neunten Stufe aus der Phase zwei.

In der ersten Phase werden harmlose und verhaltensprovozierende Fragen gestellt, welche standardisiert sind. Dabei geht es vorerst nur um das Analysieren des Verhaltens des Verdächtigen. (Feltes, 2006-2017)

Wird der Verdächtige weiterhin als verdächtig wahrgenommen, geht es zu Phase zwei. Dort wird der Verdächtige zuerst mit dem Tatverdacht konfrontiert. In der zweiten Stufe werden von der Vernehmensperson mögliche moralische und gesellschaftliche Varianten vorgelegt, wieso der Täter es getan haben könnte. Bis zu Stufe vier spricht vor allem die Vernehmensperson über die bereits getätigten Ableugnungen des Verdächtigen. Hierbei wird keine Unterbrechung durch diesen geduldet. Nach dieser Stufen wird der Verdächtige versuchen sich, zu distanzieren und über die möglichen Folgen nachzudenken. Dies wird durch die Vernehmensperson unterbunden, indem auch die Distanz kurz verringert wird. In der sechsten Stufen zeigt sich die Vernehmensperson verständnisvoll und einfühlsam. Schliesslich muss der Verdächtige gerade einen inneren Kampf mit sich austragen, vielleicht weint er sogar. Wenn er schuldig ist, soll er die Wahrheit sagen oder doch lieber nicht? Und wenn er unschuldig ist, wie kommt er aus diesem ganzem Schlamassel wieder raus? Am häufigsten fällt das Geständnis in der siebten Stufen. Dem Verdächtigen wird eine Frage gestellt mit zwei Antwortmöglichkeiten. Eine dieser Möglichkeiten ist gesellschaftlich akzeptierter als die andere. Hier gesteht der Verdächtige am häufigsten. In der Stufe acht wird der Täter ermutigt über seine Tat zu sprechen und so weitere Beweise zu liefern. Dies wird auf Audio aufgenommen. In der Stufe neun und somit der Phase drei wird alles schriftlich hinterlegt.

In jeder Phase beurteilt ein geschulter Experte das Verhalten des Verdächtigen. Hat sich seine Mimik, seine Gestik oder sein Verhalten im Gegensatz zu Phase eins verändert? Obwohl dieser Test gute Ergebnisse liefert, ist auch dieser umstritten, denn auf den Verdächtigen wird ein extremer psychischer Druck ausgeübt, bei dem auch ein Unschuldiger zusammenbrechen kann.

Experiment Teil

Diesen Teil haben wir hier aus Platzgründen ausgespart.

4.3 Resultate der Interviews

In diesem Teil befassen wir uns mit den geführten Interviews. Wir vergleichen sie und suchen Gemeinsamkeiten, sowie Differenzen im Hinblick auf unsere Fragestellungen und der Hypothese.

Etienne Dubach, ein Experte für nonverbale Kommunikation, bringt es mit seiner Aussage „Der Körper ist immer ein Spiegel von innen“, auf den Punkt. Veränderungen, die in uns vorgehen, lassen sich anhand der Körpersprache ablesen. Dazu gehören allerdings auch noch weitaus mehr Punkte als nur die Mimik und die Gestik. Je mehr Variablen man hat, desto eher kann man sagen, ob jemand lügt oder nicht. Gemäss Herrn Dubach sind drei Indizien dafür notwendig, eine Lüge zu erkennen. Diese Indizien müssen alle dafür sprechen, dass die Person nicht die Wahrheit aussagt. „Mimik und Gestik, ist eurer Annahme nach, der grösste Anteil beim Lügen, das würde ich nicht so sagen. Meiner Erfahrung nach hat vieles anderes wie die Atmung, Haltung, Erscheinungsbild auch einen grossen Einfluss“ erklärt uns Etienne Dubach. Auch D.S., ein Polizist aus der Region Muri Freiamt und Nathalie Brackmann, eine Psychologin, die sich in der Universitätsklinik Zürich vor allem im Bereich forensische Psychiatrie beschäftigt, bestätigen dies. Die Mimik und Gestik sind zwar Indizien, aber Lügen lassen sich nicht zu 100 Prozent beweisen, da alle Menschen individuell sind und dadurch auch verschiedene Anzeichen beim Lügen zeigen. Genau aus diesem Grund sollte man sich einprägen, wie sich Personen in einem Alltagsgespräch verhalten. Man erstellt mit der Person eine Baseline, auch Einkalibrieren genannt. Man achtet sich darauf, welche Mimik und Gestik sie normalerweise benutzt, um zu einem späteren Zeitpunkt zu erkennen, ob diese sich verändert zeigen.

Dennoch gibt es die Möglichkeit, Lügen zu erkennen. Gerade Polizisten werden bereits bei der Polizeiausbildung in den Bereichen Befragungs- und Einvernahmetechniken geschult. Ausserdem gibt es Möglichkeiten zu Weiterbildungskursen wie uns Herr D.S. erzählt. Er erklärte uns auch, wie eine typische Vernehmung aussehen würde. Als erstes wird dem Beschuldigten die Sachlage eröffnet, danach soll er seine Perspektive erzählen. Erst dann tritt der Polizist richtig in Interaktion mit dem Beschuldigten und stellt Rückfragen, sodass sich dieser in Wiedersprüche verstrickt. Dann legt die Polizei ihre Beweise vor und am Schluss kommt es eventuell zu einer Anzeigeeröffnung.

Damit das Erkennen von Lügen erleichtert wird, wurde schon früh eine Art Lügendetektor entwickelt, welcher aber in den meisten Ländern nicht zugelassen ist. Gemäss Frau Brackmann, rührt dies daher, dass der Test nicht verlässlich ist, denn „das Problem ist, dass dieses Gerät nicht Lügen misst, sondern man misst, wie stark jemand erregt, oder in diesem Fall aufgeregt ist und bei einer Zeugenbefragung da sind auch Unschuldige aufgeregt“. Ein vielversprechender Test ist der „Guilty Knowledge Test“, zu Deutsch: Wissen über inkriminierende Details. Dabei wird nach etwas gefragt, dass nur der Täter wissen kann. Leider ist dieser Test nur sehr selten anwendbar, da durch die Medien Details schnell verbreitet werden. Auch der FACS (Facial Action Coding System) Test von Paul Ekman wird in der Schweiz nicht verwendet. Ausserdem ist er laut Etienne Dubach zu eng eingegrenzt.

Nathalie Brackmann hat zwei Jahre im Gebiet der Lügenerforschung gearbeitet, aber konnte keine grossen Erfolge erkennen. Sie meint, dass man unabhängig davon, ob man Laie oder Experte ist, man nur eine 50/50 Chance beim Erkennen von Lügen hat. Etienne Dubach hingegen ist der Ansicht, es sei eher so, dass sich unsere Wahrnehmung grundsätzlich verbessert. Das heisst „man schaut jemandem nicht nur in die Augen, sondern nimmt auch die ganze Peripherie  /Drumherum wahr.“

5.Diskussion

Für unsere Arbeit haben wir ein Experiment erstellt, um zu sehen, ob es möglich ist, mittels Training und Fachwissen, dass Erkennen von Lügen zu verbessern. Einerseits stellten wir fest, dass unsere Einschränkung auf Mimik und Gestik die Arbeit erschwerte. Andererseits hätte es den Rahmen gesprengt, weitere Faktoren wie Sprache, Haltung und Timing mit einzubeziehen.  Die gesamten Ergebnisse und die genaue Analyse sind im Teil 4.2.1 unter Experimentanalyse zu finden.

Bei unserer Untersuchung zeigte sich, dass es unmöglich ist, eine Lüge zu entlarven ohne zu wissen, was die Person erzählt, denn Mimik und Gestik stehen meist im Wiederspruch zum Gesprochenen. Als wir die Videos ohne Ton angeschaut haben, war es einfacher sich nur auf Gesten und Mimen zu konzentrieren. Man hat Auffälliges leichter gesehen, weil man nicht zusätzlich von der Sprache abgelenkt wurde. Was man sicherlich sagen kann, ist, dass bei unserem Experiment einige der Testpersonen die Aufgabe nicht richtig verstanden haben. Oft wurden die Anweisungen nicht richtig befolgt, deshalb mussten wir einige Videos löschen, was unser Untersuchungsmaterial um einiges verkleinert hat. Über das Ergebnis unseres Experiments lässt sich streiten. Einerseits gab es Verbesserungen bei den Einschätzungen, andererseits auch Verschlechterungen. Es fiel uns beim zweiten Durchlauf einfacher, Anzeichen zu erkennen, jedoch müsste man, um diese korrekt zu deuten, mehr Zeit investieren, als es bei uns möglich war. Ausserdem konnten wir bei der Analyse einige Gesten und Mimen festhalten, die ein Indiz für eine Lüge sein könnten. Laut Etienne Dubach braucht es immer drei in die gleiche Richtung zeigende Indikatoren, um eine Lüge zu erkennen – zum Beispiel Sprache, Haltung und Mimik. Da wir uns nur auf die Mimik und Gestik achteten, war dieses Kriterium schwer zu erfüllen.

 

Welche Mimik und Gestik kann jemanden während des Lügens verraten?

Wie oben bereits erwähnt, konnten wir einige Gesten und Mimiken festhalten. Dazu gehören vor allem Manipulatoren. Unsere Probanden haben sich oft gestreichelt, um sich zu beruhigen. Das kann daran liegen, dass sie nervös waren, gefilmt zu werden oder weil sie sich beim Lügen unwohl fühlten. Ausserdem wurden oft Illustratoren benutzt. Anhand dieser wurde das Erzählte verbildlicht und somit unterstrichen.  Zudem haben uns Augenerkennungsmuster weitergeholfen. Mit Hilfe dieser konnten wir ungefähr feststellen, ob sich nun jemand an etwas erinnert oder etwas erfindet. Jedoch ist nicht eindeutig festzuhalten, ob dies ein Indiz für eine Lüge ist. Was auffällig war, ist, dass viele Testpersonen oft den Kopf geschüttelt haben, während sie uns etwas erzählten, was nicht zum Gezeigten passte. Im Buch „Wie man jede Lüge erkennt“ von Pamela Meyer sowie im Buch „Ich weiss, dass du lügst“ von Paul Ekman, wird klar festgehalten, dass es universelle Mimik gibt. Diese zu erkennen kann antrainiert werden und man wird somit aufmerksamer. Bei unserem Experiment konnten wir einige Male feststellen, wie die Probanden manche Emotion unbewusst zeigten, beispielsweise durch Anspannung der Stirn oder unsichere Blicke.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass unsere Fragestellung: „ Kann mit strukturiertem Vorgehen und gezieltem Aneignen von Wissen eine Lüge aufgedeckt werden?“, mit Ja beantwortet werden kann. Jedoch müsste man sich intensiver mit spezifischem Fachwissen beschäftigen und vor allem über einen längeren Zeitraum. Durch zeitliche Einschränkungen konnten wir uns nicht vertieft genug mit den Fachbüchern auseinandersetzten.
Unser Vorgehen war im Voraus definiert: Zuerst haben wir Fachbücher studiert und danach unser angesammeltes Wissen auf Praxisbeispiele angewendet. Unser Experiment war grundsätzlich strukturiert, jedoch haben wir einen relevanten Aspekt vergessen. Laut Etienne Dubach, muss man zuerst immer eine Baseline erschaffen. Das bedeutet man kalibriert das Verhalten einer Person. Dadurch kann man zu einem anderen Zeitpunkt feststellen, ob sich das Verhalten verändert hat. Diese Abweichungen kann man mit den im Theorieteil genannten Gesten und Mimen vergleichen. Danach kann man mit einer wahrscheinlicheren Sicherheit einschätzen, ob gelogen wurde oder nicht.

Welche technischen Hilfsmittel helfen beim Erkennen von Lügen? 

Das bekannteste ist der Lügendetektor, doch dieser ist vor Gericht nicht zugelassen. Der Polizist D.S. hat uns erklärt, dass sie bei der Polizei bestimmte Befragungskataloge erstellen und so fällt es Ihnen einfacher, Widersprüche festzustellen. Sie benutzen als Hilfsmittel lediglich Fakten und ihre Befragungstechniken. Lügen können durch Hilfsmittel wie Befragungskataloge leichter erkannt werden, denn man kann diese gezielt einsetzen. Ein weiteres Hilfsmittel ist FACS, ein Klassifizierungssystem, welches dabei hilft, den gezeigten Gesichtsausdruck einem der 7 Grundemotionen zuzuordnen.  Zudem gibt es die Reid-Methode, welche ebenfalls zum Erkennen von Lügen eingesetzt werden kann. Dabei wird eine Vernehmung in verschiedene Phasen und Stufen eingeteilt, mit dem Ziel ein Geständnis zu erhalten.

Unsere Hypothese: „Durch ein intensives Auseinandersetzten mit Lügen, können diese erkannt werden“, beantwortet sich in unserem Fall mit Nein. Wir hätten definitiv mehr Zeit und ein noch intensiveres Training gebraucht. Was wir jedoch feststellen können, ist, dass sich die Wahrnehmung auf unsere Gegenüber verbessert hat. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es wichtig ist, mehr als nur die Sprache zu beachten. Wenn man sich genauer auf Mimik und Gestik konzentriert, verschafft man sich einen grösseren Überblick darüber, wie sich das Verhalten eines Menschen zeigt. Diese Annahme hat uns Etienne Dubach in seinem Interview bestätigt. Gemäss Nathalie Brackmann kann unsere Hypothese nicht bestätig werden. Sie hat uns gesagt, dass Lügen von Experten und Laien gleich gedeutet werden. Jedoch gibt es viele Wissenschaftler wie Paul Ekman und Pamela Meyer, die der Meinung sind, dass es möglich ist, ein menschlicher Lügendetektor zu werden (Meyer, 2011, 42). Ausserdem vertritt Paul Ekman die Ansicht, dass im Gebiet Lügenerkennung noch viel Potential vorhanden ist. Abschliessend möchten wir uns auf ein Zitat von Michel de Montaigne, zitiert in Ekman, beziehen: „Hätte wie die Wahrheit auch die Lüge nur ein Gesicht, wären wir besser dran“ (Ekman, 2016, Michel de Montaigne,7)

Fazit

Trotz intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema Lügen konnte die Hypothese nicht bewahrheitet werden. Dies hat zum einen daran gelegen, dass die Zeit zu knapp war, um ein genügend geschultes Auge zu bekommen. Wenn man sich nur auf Mimik und Gestik beschränkt, schränkt man somit auch seinen Blickwinkel ein. Ausserdem gibt noch weitere Indikatoren zur Lügenerkennung, nicht nur Mimen und Gesten. Beispielsweise, das Gesprochene, welches bei der Polizeiarbeit eine wichtige Rolle spielt. Des weiteren gibt es verschiedene Methoden und technische Hilfsmittel, wie die Reid-Methode oder FACS. Es ist zudem klarzustellen, dass es nicht ein Lügengesicht gibt, dass jeder hat, sondern dass jede Lüge so individuell ist, wie der Mensch dahinter.

 

5.1 Schlusswort

Auch wenn eine Hypothese nicht bestätigt werden kann, hat das Erarbeitete trotzdem einen Nutzen. Dies hat uns diese Arbeit gezeigt. Wir sind nun sensibilisierter für den Umgang mit unseren Mitmenschen im Alltag, speziell bei Gesprächen. Nicht nur durch das Gesagte kann man viel über das Gegenüber erfahren. Auch nonverbale Kommunikation, wie Mimik, verraten einem einiges über den Gesprächspartner.
Zudem haben wir vieles für zukünftige Arbeiten gelernt. So werden wir bei weiteren Arbeiten bereits von Beginn an die Quellen direkt angeben. Trotzdem, dass unsere Hypothese nicht bestätigt werden konnte, schätzen wir das Ergebnis unserer Arbeit also nicht als negativ ein. Wir haben vieles gelernt, für den Alltag aber auch für das wissenschaftliche Arbeiten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert